Montag, 25. Mai 2020

Die Entkopplung der Werte.


Ich beziehe mich hier auf die Erkenntnisse zu Prägephase und auf die ontogenetischen Bedingungen der ersten vier Lebensjahre. Man kann sagen, daß was in dieser Zeit geschrieben wird, ein Leben bestimmt.
Daher ist es in der Frage der Werte auch unmittelbar wichtig, was in dieser Zeit der Entwicklung passiert.
Wenn das totale Staatsmodell in jeder Form überhaupt eine gesellschaftliche Erwartung den abhängigen seelisch unfertigen Menschen benötigt, so sichert sich eine menschliche Gesellschaft mit dem fertigen Ich gegen die Forderung des Totalen ab. Das voll ausgebildete Ich ist ein Träger dynamischer Werte menschlicher Zugänglichkeit und kann durch Übernahme von Positionen und Gedanken anderer einen Zustand der Implikation erstellen, der den Konflikt auf nicht mehr als die Sache wirft. Damit ist der ideologische Mensch auch im Umkehrschluß ein Mensch des unsicheren Ichs, daß einen Leitfaden braucht um den fehlenden Teil des Ichs substituieren zu können. Die Abhängigkeit zur Umwelt wird ein Dauerzustand.
Mit der Vervollständigung des Ichs durch die sozial wirksame Umgebung verhält es sich ähnlich wie mit einer chemischen Verbindung in der Frage der Auffüllung der Orbitale zur Herbeiführung eines innerlich energetisch gewünschten Zustandes (Stabilisierung der Funktion des Ich innerhalb der sozialen Ordnung - Dependenz als Kondition). Je radikaler die Ausrichtung, desto ausgewiesener gestaltet sich der Mangel in den sozialen Schalen, um so mehr fehlt dem Ich die Vollkommenheit von Glück und hierin die Identität des nicht mehr als Ich - Seins.
Hieran legt sich auch die Frage der Einflußgröße von Werten und die Frage der Entkopplung derer Genese in der Defektbetrachtung des Ichs.

Es kommt also in der Frage der Bildung eines gesunden Zustandes, der natürlich der nicht minder natürlichen Dynamik unterliegt darauf an, ob sich das Ich in einem Elementeeinfluß bewegt.

  • Soziale Hierarchie
  • Soziale Ordnung
  • Werteerwartung
  • Werteübergang
  • Dogmen
  • Erfüllungsansprüche

Der Mittagstisch einer schwäbischen kleinbürgerlichen Familie auf dem entlegenen Lande kann als ein sehr kritischer Zustand beispielhaft angekommen werden.

Die Adressierung eines Wertes offenbart sich in der sprachlichen Indikativen derselben:

"Man ist der Meinung..."
"Es ist mal gesagt worden..."
"Früher haben die Leute halt..."
"Jeder andere auch würde..."

Die Indikatoren als Indikative der Funktion von Adressierung einer Werterwartung sind sprachlich nachweisbar und stehen in einer komplex - konkret sich offenbarenden Sprache an, um die Erwartung plausibel innerhalb der Werteordnung werden zu lassen.
Sie sind dabei gekennzeichnet durch die Elemete:

  • Allgemeine Gültigkeit
  • Antizipation
  • Beliebige Bezüge
  • Kollektive Bezüge
  • Kollektives Abstellen
  • Gewohnheit
  • Übergeordnete Tradition
  • etc.

Allen Elementen ist gemeinsam, daß sie traditionell sind und sich in einem Herkommen von Zuständen erfindlich machen und auch so tun sollen. Die Kritik als Element einer Gewohnheit, bei Kindern der 68er Generation ist im Übrigen auch vom Begriff der Tradition umfasst.

Konfirmiert wird die Rechtfertigung der adressierten Erwartung durch eine gesellschaftliche Realität als Zustand aposteriori aller anderen schon veranlagten und auf das Halb - Ich geprägten Werte in der Realität ihrer Ausführung.

Wenn also das Ich aus der Bedingung der im letzten phylogenetischen Kondition entbunden werden soll, als einer Geburt des independenten Ichs an - und für sich der mündigen Wesenhaftigkeit, dann steht diesem Werden die Bedingung voran, daß sich der Mensch aus diesem Wertekanon heraus bewegen kann oder gar nicht erst in diesen Erwartungshorizont hineinwächst.

Und genau auf diesen Faktor kommt es an, wenn man die deutsche Gesellschaft umbauen will um sich ihrer sozialen Prägung des Totalen in der idealistischen Forderung aus einer historischen Erbfolge der sozialen Wirklichkeit, zu entledigen.

Wenn die Mutter und ihr Kind ein Refugium haben, in den ersten vier Lebensjahren des Kindes, in denen die Mutter und ihr Kind ohne eine adressierte Erwartung gesellschaftlich gehandelter Werte eine Bindung entwickeln können, die weitestgehend unbeeinflußt ist von totalen Anforderungen an eine Anpassung, lassen sich die Einflußgrößen der NS - Erziehungsfolgen in einem Maß entkoppeln, daß eine andere Werteentwicklung überhaupt erst möglich wird.

Diese Entkoppelung kann nicht ohne Weiteres erfolgen, weil alle Einflüsse als Summe erscheinen und eine Abgrenzung kategorisch schon überhaupt nicht möglich ist !

Und hier kommt es auf den weiteren gesellschaftlichen Diskurs an, der eine Offenbarung des sozial gelebten Wirklichen zwingend voraussetzt, ein Bewußtsein für die Wirkung von adressierten Erwartungen.
Die gesellschaftliche Offenbarung des Problems ererbter Prägung und die soziale Beschreibung der Identität (soical imprint) sind die Voraussetzung für eine implementierbare Einsicht. Die Reflexion ist ein alles umfassender Bestandteil, ihre Gegenwart im Diskurs ist die Voraussetzung für die Wirklichkeit von gehandelter Einsicht über den Zustand und sein Herkommen, seine Wirkungen und Folgen sozialer Prozesse, ob diese codiert sind oder eine öffentliche Handlungsweise oder Ordnung sozialer Tatsächlichkeit betreffen.

Die Bereiche der Reflexion faschistischer Elemente von straflogischen Anpassungsanforderungen ist weit, es ist hier belangt:

  • Das Rechtssystem
  • Der Staat
  • Sein Anspruch
  • Seine Wirklichkeit
  • Seine Einflußgröße
  • Seine Forderungen (explizit - implitzit)
  • Ausbildung
  • Arbeitswelt

All diese Bereiche sind mit einer Kritik zu befordern, um nicht mehr als eine Reflexion zu bewerkstelligen, daß der Diskurs über die ererbten Zustände notwendig ist.
Man muß von der narrativen Installierung ausgehen, daß die Notwendigkeit auch so vermittelt wird, daß der Einzelne bedürftig wird nach einer Auflösung seiner inneren Konflikte und er erkennen kann, daß diese psychologisch bestehen.

Hier tritt eine Vorstellung von Erkenntnis des Vorgang voran und ihre gesellschaftliche Einführung und Verankerung leitet über zu der Kritik am Bestehenden.

Und hier komme ich auf einen Irrtum, dem man unterliegen kann:  Es gibt tatsächlich den Rückfall auf einen Zustand des Traditionellen, wie man ihn gerade während einer Krise beobachten kann. D.h. die kollektiven Identitäten müssen noch viel stärker Gegenstand der Reflexion werden und sie müssen auch in der Krise um so stärker herausgestellt werden, je mehr sie wirken. Hier gibt es eine Anforderung an die Offenbarung von Erkenntnis als Forderung einer Kritik an den Elementen, die erkennbar aus einem Nachlaß der Werte stammen.
Wenn Hannah Arendt die Wahrer der historischen Wahrheit berief, so gibt es auch eine Wahrung sozial - wirklicher Wahrheit in dem Moment ihrer konkreten Wirkung in einem umschriebenen Einflußzusammenhang.

Die bewußte Gegenwart von Kritk an dem auch eben bewußt gewordenen Umstand ermöglicht die Einsicht über die Entkopplung werdender Mütter von den Einflüssen sozial - funktioneller Erwartungen.

Wenn eine gesellschaftliche Wirklichkeit also Kritk ist, und sich in dieser eine neue Struktur aus Einsicht anlegen kann, die ebenfalls funktionell sein müsste um sozial auch wirklich zu sein- ansonsten es ja hohle Theorie wäre - erst dann wäre der Raum geschaffen um die Entkopplung der Mutterschaft von den Werten einer Tradition zu ermöglichen und es ohne die Post der Erwartung an die fingierte Schuld der Erfüllung zu vermögen, daß sich Mutter und Kind als Gefühlswesen zusammen entwickeln und diese Entwicklungslogik eines gelebten Bezuges auch eine empirische Größe würde, die nicht nur bloß ein Zufall einer sozialen Variation der Normabweichung wäre.

Die Entkopplung der Mutter - Kind - Beziehung von den Werten der kollektiven Identität erfordert also eine umfassende gesellschaftliche Flankierung.

Kritik:
Wenn die Sozialforschung bisher in der Frage der Entkopplung totaler Forderungen in der Ontogenese einer unabhängigen Mutter - Kind - Beziehung versagt hat, dann mithin deshalb, weil jede Sozialforschung bis anhin ein Zweck der ideologischen Wirklichkeit war. Es gab keine deutsche Sozialforschung ohne die Frage nach dem ideologischen Gehalt und seiner interpretierten Gültigkeit. Daran ist die Frankfurter Schule gescheitert, daß sie sich in eine ideologische Wechselbegründung begab, aus der keine erkenntnispsychologischen Sätze abgeleitet werden konnten, die nicht so beschränkt und verbogen gewesen wären, wie die ideologische Zwangsanleihe selbst.

Das Gefühl und der natürliche - thematisch freie Bezug des Menschseins des Kindes ohne Überbau der erkenntnisgetragenen Bewertung jeder Regung müssen einen Stellenwert bekommen, und zwar ohne in diesem Wert ein Wert zu sein. Es muß wachsen können, wie es ohne Erwartung wüchse, gäbe es nur die Bindung aus dem Herzen als Kondition aller Konditionen des Seins aus dem Empfinden.



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