Ich beziehe mich hier auf die Erkenntnisse zu Prägephase und
auf die ontogenetischen Bedingungen der ersten vier Lebensjahre. Man kann
sagen, daß was in dieser Zeit geschrieben wird, ein Leben bestimmt.
Daher ist es in der Frage der Werte auch unmittelbar
wichtig, was in dieser Zeit der Entwicklung passiert.
Wenn das totale Staatsmodell in jeder Form überhaupt eine
gesellschaftliche Erwartung den abhängigen seelisch unfertigen Menschen
benötigt, so sichert sich eine menschliche Gesellschaft mit dem fertigen Ich
gegen die Forderung des Totalen ab. Das voll ausgebildete Ich ist ein Träger
dynamischer Werte menschlicher Zugänglichkeit und kann durch Übernahme von
Positionen und Gedanken anderer einen Zustand der Implikation erstellen, der
den Konflikt auf nicht mehr als die Sache wirft. Damit ist der ideologische
Mensch auch im Umkehrschluß ein Mensch des unsicheren Ichs, daß einen Leitfaden
braucht um den fehlenden Teil des Ichs substituieren zu können. Die
Abhängigkeit zur Umwelt wird ein Dauerzustand.
Mit der Vervollständigung des Ichs durch die sozial wirksame
Umgebung verhält es sich ähnlich wie mit einer chemischen Verbindung in der
Frage der Auffüllung der Orbitale zur Herbeiführung eines innerlich energetisch
gewünschten Zustandes (Stabilisierung der Funktion des Ich innerhalb der
sozialen Ordnung - Dependenz als Kondition). Je radikaler die Ausrichtung,
desto ausgewiesener gestaltet sich der Mangel in den sozialen Schalen, um so
mehr fehlt dem Ich die Vollkommenheit von Glück und hierin die Identität des
nicht mehr als Ich - Seins.
Hieran legt sich auch die Frage der Einflußgröße von Werten
und die Frage der Entkopplung derer Genese in der Defektbetrachtung des Ichs.
Es kommt also in der Frage der Bildung eines gesunden
Zustandes, der natürlich der nicht minder natürlichen Dynamik unterliegt darauf
an, ob sich das Ich in einem Elementeeinfluß bewegt.
- Soziale Hierarchie
- Soziale Ordnung
- Werteerwartung
- Werteübergang
- Dogmen
- Erfüllungsansprüche
Der Mittagstisch einer schwäbischen kleinbürgerlichen
Familie auf dem entlegenen Lande kann als ein sehr kritischer Zustand
beispielhaft angekommen werden.
Die Adressierung eines Wertes offenbart sich in der
sprachlichen Indikativen derselben:
"Man ist der
Meinung..."
"Es ist mal
gesagt worden..."
"Früher haben die
Leute halt..."
"Jeder andere
auch würde..."
Die Indikatoren als Indikative der Funktion von Adressierung
einer Werterwartung sind sprachlich nachweisbar und stehen in einer komplex -
konkret sich offenbarenden Sprache an, um die Erwartung plausibel innerhalb der
Werteordnung werden zu lassen.
Sie sind dabei gekennzeichnet durch die Elemete:
- Allgemeine Gültigkeit
- Antizipation
- Beliebige Bezüge
- Kollektive Bezüge
- Kollektives Abstellen
- Gewohnheit
- Übergeordnete Tradition
- etc.
Allen Elementen ist gemeinsam, daß sie traditionell sind und sich in einem Herkommen von Zuständen
erfindlich machen und auch so tun sollen. Die Kritik als Element einer
Gewohnheit, bei Kindern der 68er Generation ist im Übrigen auch vom Begriff der
Tradition umfasst.
Konfirmiert wird die
Rechtfertigung der adressierten Erwartung durch eine gesellschaftliche Realität
als Zustand aposteriori aller anderen schon veranlagten und auf das Halb - Ich
geprägten Werte in der Realität ihrer Ausführung.
Wenn also das Ich aus der Bedingung der im letzten
phylogenetischen Kondition entbunden werden soll, als einer Geburt des
independenten Ichs an - und für sich der mündigen Wesenhaftigkeit, dann steht
diesem Werden die Bedingung voran, daß sich der Mensch aus diesem Wertekanon
heraus bewegen kann oder gar nicht erst
in diesen Erwartungshorizont hineinwächst.
Und genau auf diesen
Faktor kommt es an, wenn man die deutsche Gesellschaft umbauen will um sich
ihrer sozialen Prägung des Totalen in der idealistischen Forderung aus einer
historischen Erbfolge der sozialen Wirklichkeit, zu entledigen.
Wenn die Mutter und
ihr Kind ein Refugium haben, in den ersten vier Lebensjahren des Kindes, in
denen die Mutter und ihr Kind ohne eine adressierte Erwartung gesellschaftlich
gehandelter Werte eine Bindung entwickeln können, die weitestgehend
unbeeinflußt ist von totalen Anforderungen an eine Anpassung, lassen sich die
Einflußgrößen der NS - Erziehungsfolgen in einem Maß entkoppeln, daß eine
andere Werteentwicklung überhaupt erst möglich wird.
Diese Entkoppelung
kann nicht ohne Weiteres erfolgen, weil alle Einflüsse als Summe erscheinen und
eine Abgrenzung kategorisch schon überhaupt nicht möglich ist !
Und hier kommt es auf den weiteren gesellschaftlichen
Diskurs an, der eine Offenbarung des
sozial gelebten Wirklichen zwingend voraussetzt, ein Bewußtsein für die
Wirkung von adressierten Erwartungen.
Die gesellschaftliche Offenbarung des Problems ererbter
Prägung und die soziale Beschreibung der
Identität (soical imprint) sind die Voraussetzung für eine implementierbare
Einsicht. Die Reflexion ist ein alles umfassender Bestandteil, ihre Gegenwart
im Diskurs ist die Voraussetzung für die Wirklichkeit von gehandelter Einsicht
über den Zustand und sein Herkommen, seine Wirkungen und Folgen sozialer
Prozesse, ob diese codiert sind oder eine öffentliche Handlungsweise oder
Ordnung sozialer Tatsächlichkeit betreffen.
Die Bereiche der Reflexion faschistischer Elemente von
straflogischen Anpassungsanforderungen ist weit, es ist hier belangt:
- Das Rechtssystem
- Der Staat
- Sein Anspruch
- Seine Wirklichkeit
- Seine Einflußgröße
- Seine Forderungen (explizit - implitzit)
- Ausbildung
- Arbeitswelt
All diese Bereiche sind mit einer Kritik zu befordern, um
nicht mehr als eine Reflexion zu bewerkstelligen, daß der Diskurs über die
ererbten Zustände notwendig ist.
Man muß von der narrativen Installierung ausgehen, daß die
Notwendigkeit auch so vermittelt wird, daß der Einzelne bedürftig wird nach
einer Auflösung seiner inneren Konflikte und er erkennen kann, daß diese
psychologisch bestehen.
Hier tritt eine Vorstellung von Erkenntnis des Vorgang voran
und ihre gesellschaftliche Einführung und Verankerung leitet über zu der Kritik
am Bestehenden.
Und hier komme ich auf einen Irrtum, dem man unterliegen
kann: Es gibt tatsächlich den Rückfall
auf einen Zustand des Traditionellen, wie man ihn gerade während einer Krise
beobachten kann. D.h. die kollektiven Identitäten müssen noch viel stärker
Gegenstand der Reflexion werden und sie müssen auch in der Krise um so stärker
herausgestellt werden, je mehr sie wirken. Hier gibt es eine Anforderung an die
Offenbarung von Erkenntnis als Forderung einer Kritik an den Elementen, die
erkennbar aus einem Nachlaß der Werte stammen.
Wenn Hannah Arendt die Wahrer der historischen Wahrheit
berief, so gibt es auch eine Wahrung sozial - wirklicher Wahrheit in dem Moment
ihrer konkreten Wirkung in einem umschriebenen Einflußzusammenhang.
Die bewußte Gegenwart
von Kritk an dem auch eben bewußt gewordenen Umstand ermöglicht die Einsicht
über die Entkopplung werdender Mütter von den Einflüssen sozial - funktioneller
Erwartungen.
Wenn eine gesellschaftliche Wirklichkeit also Kritk ist, und
sich in dieser eine neue Struktur aus Einsicht anlegen kann, die ebenfalls
funktionell sein müsste um sozial auch wirklich zu sein- ansonsten es ja hohle
Theorie wäre - erst dann wäre der Raum geschaffen um die Entkopplung der
Mutterschaft von den Werten einer Tradition zu ermöglichen und es ohne die Post
der Erwartung an die fingierte Schuld der Erfüllung zu vermögen, daß sich
Mutter und Kind als Gefühlswesen zusammen entwickeln und diese
Entwicklungslogik eines gelebten Bezuges auch eine empirische Größe würde, die
nicht nur bloß ein Zufall einer sozialen Variation der Normabweichung wäre.
Die Entkopplung der
Mutter - Kind - Beziehung von den Werten der kollektiven Identität erfordert
also eine umfassende gesellschaftliche Flankierung.
Kritik:
Wenn die Sozialforschung bisher in der Frage der Entkopplung
totaler Forderungen in der Ontogenese einer unabhängigen Mutter - Kind -
Beziehung versagt hat, dann mithin deshalb, weil jede Sozialforschung bis anhin
ein Zweck der ideologischen Wirklichkeit war. Es gab keine deutsche
Sozialforschung ohne die Frage nach dem ideologischen Gehalt und seiner
interpretierten Gültigkeit. Daran ist die Frankfurter Schule gescheitert, daß sie
sich in eine ideologische Wechselbegründung begab, aus der keine
erkenntnispsychologischen Sätze abgeleitet werden konnten, die nicht so
beschränkt und verbogen gewesen wären, wie die ideologische Zwangsanleihe
selbst.
Das Gefühl und der natürliche - thematisch freie Bezug des
Menschseins des Kindes ohne Überbau der erkenntnisgetragenen Bewertung jeder
Regung müssen einen Stellenwert bekommen, und zwar ohne in diesem Wert ein Wert
zu sein. Es muß wachsen können, wie es ohne Erwartung wüchse, gäbe es nur die
Bindung aus dem Herzen als Kondition aller Konditionen des Seins aus dem
Empfinden.
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