Geschichte passiert immer dann, wenn es jeder übersieht
Wenn alle anfangen im jeweils anderen einen "Nazi" zu suchen, dann ist an dieser Manie etwas dran: Der Nazi ist da und zwar in jenem, der ihn manisch sucht und überall verortet, denn der Nazi im Außen ist nur die psychotische Ahnung vom verschütteten Ich.
Auch hier ist das Wissen über die Folgen der NS - Erziehung in der Gegenwart (Johanna Haarer u.a.) Voraussetzung um das Zeitgeschehen überhaupt einordnen zu können.
Das Bürgergeld, - Hunger als Waffe, Zwangsarbeit als Geißel ? Die hausgemachte Misere als Leningrad des Alltags ?
"Daß dem kleinen Kind von Haarer und von Müttern, die sich von ihr anleiten ließen, keine Innigkeit im Sinne von Verbunden-Sein, kein Zusammen- Sein angeboten wird, ist mehr als deutlich. Es erfährt auch keine Achtung. Es ist überhaupt noch kein vollwertiger Mensch im eigentlichen Sinne. Beim Nachdenken über das Kind im „Zwischenalter” fragt Haarer sich ernsthaft: „Unser Kind! Da läuft es nun herum zwischen uns Großen, fängt an mit uns zu sprechen und lebt immer mehr mit uns. Ist es denn wirklich schon ein Mensch wie wir, nur eben kleiner?” (Haarer 1940b, S. 135). Haarer selbst gibt die Antwort auf diese Frage an vielen Stellen: Es dauert eine ganze Weile, bis jemand in die Gemeinschaft der „Großen” aufgenommen werden, als vollwertiger Mensch „im eigentlichen Sinne” akzeptiert werden kann. Und was macht den vollwertigen Menschen aus? Vor allem, daß er sich fügt. Es ist die entscheidende Forderung an das kleine Kind, daß es lerne, sich zu fügen. Darum geht es letzten Endes auch immer wieder bei Haarers strengen Essensregeln, obwohl sie vorgibt, daß sich alles nur um Gesundheit und Gedeihen des Kindes drehe. Über das Essen zu verfügen, das verleiht Macht. Das Machtverhältnis, das zwischen der Mutter als Nahrungsspenderin und dem kleinen Kind entsteht, gibt der Mutter nach Canetti „ein Gefühl von Übermacht, das sich schwerlich durch ein anderes normales Verhältnis unter Menschen überbieten läßt” (Canetti 1993, S. 246). Ihrer Macht ist sich auch Frau Haarer bewußt: „Wenn nun aber das Kind trotz aller vernünftiger Anleitung zu ordentlichem Essen, trotz richtiger Einteilung der Mahlzeiten und aller Hilfen, die wir ihm dabei gewähren, dennoch Schwierigkeiten macht – was dann? … Wir nehmen dem Kinde das Essen in aller Ruhe weg … Wir legen es durchaus nicht darauf an, ihm etwa unsere Macht beweisen zu wollen und gewähren besonders dem Kinde, das uns reizen will, keinesfalls den Anblick unserer Erregung oder unseres Zornes … Auf diese „Alles was wir tun, tun wir letzten Endes für das Kind”
Weise lernt das Kind einsehen, daß Ungezogenheit und Widerspenstigkeit beim Essen einige Stunden Hunger zur Folge haben” (Haarer 1940b, S. 175 f.).
Hier ist Essen nichts, das Verbindlichkeit schaffen könnte im Sinne von Beziehung und Gemeinsamkeit, sondern es wird – das ist das genaue Gegenteil – benutzt, um das Kind zu unterwerfen. Wobei Haarer den Essensentzug und das Hungernlassen auch des Babies eine „natürliche” Strafe nennt, diese Strafe sei nämlich eine natürliche Folge der Handlungsweise des widerspenstigen Kindes.- „Beim Nachdenken über die Strafe im Zwischenalter und an zahlreichen kleinen Beispielen haben wir gesehen, daß es immer am besten ist, das Kind durch die Folgen seiner Handlungsweise zu bestrafen und daß ihm diese Art Strafe schon sehr früh, sogar im Säuglingsalter irgendwie verständlich ist” (ebd., S. 259). Da alle Essenszeiten und alle Essensregeln absolut willkürlich gesetzt sind – von Natürlichkeit keine Spur! – kann das Kind lediglich lernen, welche seiner eigenen Verhaltensweisen bestimmte Reaktionen der Mutter bedingen, es wird also früh konditioniert."
Jede Logik ist "jüdisch, schmierig und böse".
"Wissen und ebenso „Verstand” sind dem Nazi nicht nur entbehrlich, er hält sie auch für schädlich. Hans Schemm, seines Zeichens unter anderem bayerischer Kultusminister von 1933 bis zu seinem Tod im Jahre 1935, äußert sich dahingehend, daß „Verstand” eine Metapher sei für
„Logik, Berechnung, Spekulation, Banken, Börsen, Zinsen, Dividenden, Kapitalismus, Karriere, Schiebung, Wucher, Marxismus, Bolschewismus, Gauner und Spitzbuben”
(zit. nach Glaser 1985, S. 77).
Alles was Schemm da aufzählt, ist für ihn auch „jüdisch”, zersetzend, Ausdruck von Fäulnis, wie zersetzende Säure (vgl. Hitler 1938, S. 505). Im übrigen ist hier schon seit einer ganzen Weile – implizit – die Rede von einem für den Nationalsozialisten sehr wichtigen angeblichen Gegensatz: nämlich dem zwischen „Herz” und „Verstand”. „Höher als den schärfsten Intellekt schätzen wir ein treues, tapferes Herz.” Oder auch: „Für uns ist das Gefühl mehr als der Verstand.” Wobei dann als Inbegriff von Gefühl das Herz genannt wird, das heiß für den Führer schlägt (Baldur v. Schirach nach Gamm, 1990, S. 101 und S. 327)."
Sigrid Chamberlain, aaO, ebd. S.145
- Zwang
- Unterwerfung
- Hunger
- Gewalt
- und im letzten das Gefühl, was aus dieser Erziehung bleibt: Tod
Das Totschlagen des an seiner
ureigenen Ausweglosigkeit
Ertrinkenden
in der Summe aller
unzugänglichen Introjekte.
Hier scheitert nicht eine Wirtschaft, hier scheitert mal wieder das Deutschtum an seiner Kultur.
Das Format, auf welches die Deutschen aus ihrer Prägung in der Krise zurückfallen ist Zwangsarbeit und Arbeitsdienst.
Es ist dies aber kein geschichtlicher "Vergleich", es ist aber der Golf 10 nach dem Käfer, ein ideengeschichtlicher Erbfolger.
Geschichte reimt sich nicht, sie erbt sich.
Der Niedergang des "Volks - Wagens" wird für die Deutschen der restliche Verlust ihres heimlich geliebten Reiches werden . Der Volkssturm für die Wirtschaft, die Aufopferung ohne Zahlen und Logik, das tapfere Herz in der Werkshalle, das werden die alten - neuen Rezepte einer in sich ausweglosen Kultur.
Esaw muß wachsen um sein Joch enthoben zu bekommen, schrumpft Esaw, so wird er gefährlich wie der Kain.
"Wenn alle anfangen im jeweils anderen einen "Nazi" zu suchen, dann ist an dieser Manie etwas dran: Der Nazi ist da und zwar in jenem, der ihn manisch sucht und überall verortet, denn der Nazi im Außen ist nur die psychotische Ahnung vom verschütteten Ich." Das stimmt. In Deutschland braucht man nur ein wenig kratzen und bei Leuten aller Couleur kommt die braune Scheiße hervor. Insofern hinter steckt hinter dem Fang-den-Nazi-Spiel eine tiefere Wahrheit. Nebenher kann man den Urgroßvater reinwaschen, indem man Bagatellen mit den Naziuntaten gleichsetzen, womit man diese umgedreht bagatellisieren kann. Und in der Tat ergeben sich die großen Untaten, aus der Summe der kleinen Untaten.
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