Mittwoch, 23. März 2022

Putins Taktik: Ein Gruß aus dem letzten Jahrhundert

Der lange Atem der russischen Revolution, die Auslöschung der zaristischen Armee, all das schwebt über einem vollkommen rückständigen Krieg, der in vielen Teilen wirkt wie eine schlechte Imitation aus der Wochenschau. 

Putin scheint aus dem zweiten Weltkrieg keine Lehre gezogen zu haben. Panzer und Kolonnen gegen schnelle Infanterie und Grenadiere. Schon die Wehrmacht, noch mehr aber die Waffen SS fügten Russland durch schelle Operationen kleiner, gering motorisierter - fußläufiger Verbände in den Weiten der ukrainischen Fläche der russischen Panzerwaffe erhebliche Verluste zu. 

Den Feind mit Panzern kommen lassen, formieren lassen und aus einer Wartestellung dann unter Feuer nehmen, in Wäldern einkesseln oder an Fahrwegen in Sprengfallen laufen lassen. 

Putins Vorstoß ist eine historische Methode und gleicht Preußen in der Schlacht bei Jena.

Luftschläge gegen Kiew und Charkow, Fernbombardierung von Lwiw mit Ausweichzielen, das wäre ein moderner Krieg gegen spezielle Einrichtungen und so präzise, daß man den Angriff gar nicht erst wahrnähme. 

Die V2 war eine konventionelle Mittelstreckenrakete, selbst solche Waffen wären wohl vorteilhafter für die russische Armee, als diese altertümliche Schlacht, die mancherorts vorkommt als wäre man im 18. Jahrhundert der Kriegsführung gelandet. 

Was die Russen damit bezwecken wollen, mit Helikoptern vollkommen provokant positionierte Kleinstellungen anzugreifen, mag sich dem Betrachter entziehen. Einen modernen Helikopter für 10 MG - Nester und einen abgehalfterten Tank zu opfern ist wahrlich fragwürdig. 

Helikopter sind Sicherungsmittel und Unterstützungsmittel, selten taugen sie für mehr als in einer guten Kommandoaktion. Helikopter als langsam fliegende Tiefziele im Erdkampf sind ein unkluges Kampfmittel für welchen Gewinn ? Ein Wäldchen, eine Straße, wer macht so etwas ?

Putin scheint sich entweder vollkommen verkalkuliert zu haben oder er hat die Situation fatal falsch eingeschätzt. Kiew ist - wie Dresden oder Berlin allenfalls das Ziel von Flächenbombardements, kein Militär, der ganz bei Trost ist, würde in Kiew eine Schlacht wie in Aachen von Zaun brechen. Schon die SS wurde am Getto in Warschau nicht glücklich und die ganze polnische Hauptstadt war das Saigon des zweiten Weltkrieges. Entweder lief man in eine polnische Sprengfalle oder mußte zusehen, wie ein paar Getto - Kämpfer mit deutschem Fahrmaterial türmten. 

Die Lehre aus solchen Anordnungen lautete unter den Westalliierten schon damals, daß man die Städte lieber in Schuttwüsten verwandelt, als sich wochelange Häuserkämpfe zu liefern. 

Jedes Dorf zu "erobern" ist blanker Unfug. Offenbar reicht die Macht der russischen Aufklärung nicht, die wichtigen ukrainischen Sprachrohre in Gewahrsam zu nehmen und Schlüsselfiguren, wenn nicht zu liquidieren, so doch als Machtmittel der Propaganda in Kommandoaktionen dingfest zu machen. 

Der luftgestützte Erdkampf gegen Stellungen, die man auch billig aushungern könnte ist ebenso ein heroisches Getändel. 

Je mehr zivile Opfer der Kampf fordert um so mehr droht Russland das Vietnam im eigenen Kulturbereich. Sollte die russische Armee so enden, wie die GJs in Vietnam und sollte die Moral auf eine Bereitschaft für Massaker und Vergewaltigung absinken, dann hat Russland die Urkraine für mehrere Jahrzehnte verloren und die Bevölkerung wird sich in eine stille Opposition begeben und sich verhalten wie unter Stalin. 

Waffenschmuggel nach der Ukraine und dauernde kleine Aktionen selbst bei einer vollständigen Kontrolle über die Infrastruktur können einen langen Einsatz erwarten lassen. Auch sollte man die Blutigkeit hoch motivierter Hobby - Waffen SSler nicht unterschätzten: Ein SSler hat eine Ideologie, die ausreicht das Kampfverhältnis zu relativieren. 

Die Waffen SS war hoch effizient, grausam, und in puncto - Mannverhältnis unübertroffen. 

Schnelle Verbände mit mobiler Panzerabwehr können Material binden, daß für die Belagerung einer Stadt taugen würde. Die Weite der Ukraine ist wie geschaffen für einen langen Partisanenkampf. Die Sümpfe am Dniepr und die Prypjatsümpfe sind wie die auftauenden Wälder Finnlands ein Grauen für jeden Soldaten: Nässe, Pilze, Fäkalien, Leichen und im Sommer eine Armada aus Getier und Mücken.

Wenn man ein Terrain will um in Übermacht verrückt zu werden ist es ein solches, dazu versetzt mit radioaktiven Abfällen aus der Havarie die durch jede Panzerkette ausgegraben werden können und jedes MG Loch Strahlenabfall hervorbringen kann. 

Es stellt sich also für alle auch mittelbar Beteiligten die Frage nach der strategischen Dimension, die sich gut und gerne mit Daniel Ellsberg beantworten läßt. 

Mehr als ein neutraler Status und eine Rüstungskontrolle einer an sich souveränen Ukraine ist weder für Russland noch den Westen drin. Hätte Russland eine morderne Armee, sähe die Sache anders aus, wobei auch der Irak und Afghanistan gezeigt haben, daß selbst die USA nicht in der Lage sind mit der bloßen Modernität des Arsenals eine tragfähige Gesellschaft zu schaffen. 

Für Russland wäre es billiger gekommen die Nato in der Ukraine an der Korruption scheitern zu lassen, als ihr zuvor gekommen zu sein. 

Die EU hätte sich an Agrarsubventionen totgezahlt und hätte Moskau die Subventionierung der Landwirtschaft durch Investition und Scheinfirmen unterlaufen und abziehen können, die EU wäre an weder an Griechenland, noch an Italien verendet, sondern an der Weite der Ukraine, die schon die Wehrmacht den Verstand gekostet hatte. 

Eine Osterweiterung der Nato hätte ihre Kernländer Deutschland und Frankreich aus der Pflicht gehoben und diese hätten die Nato von innen heraus linkslastig schwächen können. 

Eine anders gelagerte Operation Lutsz wäre für Russland in einer Nato - kontrollierten Ukraine weitaus günstiger gekommen, als ein offener Krieg aus der Methodenkiste des letzten Jahrhunderts. 


Gegenargument: 

Wenn Russland mit der Methode des letzten Jahrhunderts gewinnt, kann es auch ein Ergebnis zeitigen, daß demjenigen Format dieser Epoche entspricht. 

Sollten sich die Ukrainer mit Russland auf stoische Weise arrangieren, - wie es dem Naturell des Ostens entspricht, sich in jedem noch so drückenden Mißstand einzurichten, dann ist die Ukraine für den Westen auf Jahre unzugänglich. 

Darauf deutet das aus Russland massiv abgezogene Investment hin, das nur bedeuten kann, daß insbesondere die USA schon mit vollendeten Tatsachen -"rechnen", denn allein von den Ressourcen her ist Russland kaum in der Verliererposition. 



 







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