Sonntag, 23. Januar 2022

Sympathie für Klaus Schwab ?

Die Welt soll besser werden mit weniger praktischer Kompetenz ? 

Nun, wer die Technik von Übermorgen fordert und sie nicht selber beherrscht, der ist wohl unglaubwürdig in den Dingen der Praxis, was die Idee nicht schmälern soll. 

Wenn ich jemanden regelmäßig kritisiere und ihn für latent größenwahnsinnig halte, so kann ich eine gewisse - im Unterstrom ziemlich starke Sympathie nicht verhehlen. 

Warum ? 

Ich habe eine ziemlich starke, vielleicht eine gefährlich befangen machende Beziehung zur Technik und ihrer Logik, als neurotischer Kompensation für jedes Chaos unserer Zeit, wozu auch das Chaos eines Anspruchs auf totale Ordnung zählt. 

ABER: Was wäre die Welt gewesen ohne größenwahnnige Ideen ? Leichenärmer und einfältiger, aber auch brachialer und brutaler. 

Wer ab hier Stanley Kubricks 2001 nicht kennt, soll nicht weiter lesen. 

Es gibt einen schmalen Grad zwischen Genie und Wahnsinn, aber auch eine Abwesenheit von Genie im Wahnsinn. Das muß man wissen: Aber in jedem Wahnsinn steckt auch etwas Geniales, was über die Welt hinausführt, die erdrückt und beengt. 

Der Sinn der Klaus Schwabs ist ihr Scheitern genau so wie der Ausblick, den sie geben in eine utopische Welt, die in dieser Form sich irreal entzieht, aber den Horizont erweitert. Das ist die Schönheit der Utopie in der Weisheit ihrer Unerfüllbarkeit in der Redlichkeit, die keinen interessiert. 

Aber was wäre man ohne HAL 9000 ? Was ohne die Replikanten und ohne die perfekte Welt des Dr. Cocteau ?

Ich liebe Sciencefiction über alles und das ist eine absurde Liebe zu allen Dingen, die mehr sind als das nur Gegebene. Das ist tieferer Sinn als die Realität an der alles ohnehin scheitert, wenn es nicht mehr wird als der fliegende Knochen auch 2001. 

Ursünde und Erkenntis sind zwei göttliche Elemente, die den Menschen erheben und ihn gleich vor sein Kind führen (2001). Was wäre man ohne das Streben ? Nie weiter als vor dem Zustand des Scheiterns !

Und das ist Sympathie für die treibende Kraft, daß sie scheitern wird, aber einen Horizont eröffnet, den es ohne sie nicht gäbe. Wer hätte vor 3 Jahren gedacht, daß man Europa in kurzer Frist in einen narrativen Segregationsstaat verwandeln kann, wo der Gehorsam die Unmoderne der Tatsachen treibt ? 

Hat nicht jeder Recht, der behauptet, daß die Menschen ihrerselbst überdrüssig sind ? Hat nicht jeder Recht, wenn die Menschen ihren Besitz nicht für mehr nutzen als den Nutzen des Moments, ohne Gedanken an mehr als die Zahl und das Ich ?

Hängt die Menschheit nicht tatsächlich fest in einer Mischung aus Sex - Fortpflanzung und Ausweglosigkeit vor dem Dilemma der kleinsten Ziele ohne das Ziel von Glück ? 

Ich kann die Kritik an Schwab verstehen, aber nur wenn ich eine sehr praktische Position einnehme und behaupte, daß alles nicht mehr werden soll als das Bekannte. 

Die Versuchung der Utopie ist ein Rauschgift. Diesem kann man verfallen. 

Aber ohne das Gift kein Antrieb. 

Welchen Preis zahlt man für das Übermorgen ?


Und hier ist die Frage, wie das Konstrukt sich weiter vollzieht: Ob es offen den menschlichen Körper zum Angriffsziel einer Doktrin erhebt, oder erkennt, wo die praktischen Grenzen der utopischen Forderung in die Einleitung zu ihrer Gegenkraft führen.

Impfen als Mittel für eine Wirklichkeit von Utopie ist ein etwas arg monologistischer Duktus für eine utopische Welt. Industrie 4.0 ist ein Schlagwort ohne Substanz. Der Klimawandel, was soll dieser stiften, wenn die Technologie für den Wandel  nicht von unten her betrieben werden kann ? 


Technisch ist eine Welt jenseits des sinnlosen Verbrauchs machbar. Das ist eine utopische Zukunft: Aber um den Preis gegen den Menschen zu agieren wird sich diese Welt nicht errichten, der Mensch wird sich seine Rechte fordern und in dieser Kippung liegt das Ende jeder Größenphantasie begründet, so leuchtend sie auch sein mag. 

Bladerunner ist keine Utopie, sondern eine kalte Welt ohne Liebe. Dr. Cocteau kennt nur eine Ausschlußgesellschaft und das Ende markiert der Druck der Ausgrenzung. 

Was also ist an der Verführung der Größenphantasie sympathisch ? 

Es ist der Ausblick in das Unvorstellbare in der Hoffnung auf eine Welt, die besser ist als die Abgründe des Ichs. Was ist das Ende dieser Wirklichkeit des Besseren ? Seine Unterreichbarkeit als Mensch. 

Der Baum der Erkenntis kennt das Erkennen des Endes jedes Keimens: Der Mensch wird nie perfekter als Gott vor der Schöpfung und nichts wird das Paradies außer jenes von Gott. 

In dieser ersten Geburt der Erkenntnis aus der Torah liegt jeder Anfang und jeder Sinn. Wer sich über dieses Gesetz hinwegsetzt fällt jäh an seiner Idee sich neben Gott zu setzten mit der Behauptung ein Paradies von Menschenhand erschaffen zu können. 

Und genau das ist der Sinn von Utopie und ihre dichotome Wirklichkeit: Die Utopie bringt den Menschen weiter indem er an ihr scheitert. Die Sympathie löst sich auf in der Funktionsseinsicht in der Vermählung aus Phantasie und Scheitern. 

Nichts ist nur Schwab und Weiß, überall steht ein Grau, dessen Wellenlänge in eine Farbe übersetzt werden kann. 



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