Dienstag, 10. Oktober 2023

Der west - östliche Divan militärischer Betrachtungen

Israel begeht nach meiner Meinung einen erheblichen taktischen Fehler, dem ein grundsätzlicher Fehler vorausging, der aber gut zur grenzenlosen Modemigration passt.

Hätte man um Gaza Bunker und Beobachtungsposten errichtet, wie die Deutschen am Atlantikwall und am Westwall, oder hätte man die Grenze so gesichert, wie die DDR die ihre, hätte man wirksame Sperranlagen installiert, wie die Schweizer, es wäre wahrscheinlich überhaupt nichts passiert. 

Die fehlende bauliche Sicherung war der Kardinalfehler Nummer 1. 

Hätten die Israelis wie die Schweizer eine dauernd schlafende Armee mit einer dezentralen Bewaffnung (Waffe im Haus des Wehrmannes), wären dezentrale Kommandoaktionen möglich gewesen und die Trauben der Angreifer wären im Ortsvorteil der Ansässigen in Hinterhalte zu bewegen gewesen. 

Daß man ein Festival vor den Toren Gazas ohne flankierende Sicherung hat stattfinden lassen ist absolut fahrlässig. In Frankfurt am Flughafen hatte man früher jede El Al - Maschine mit einem Tank gesichert. 

Das nennte man "Außensicherung", das sind ganz grundlegende militärische Regeln in Brennpunkten und an Verwerfungszonen. 



Die Hamas hat überhaupt keine Option, sie hatte sie weder vor dem Angriff und mit der Praxis der Geiselnahme hat sie sich vollends an die Wand gefahren. 

Wenn sie die Geiseln umbringen, dann ist kein "Gerechter" mehr in der Stadt, sie werden die Tötung oder Erniedrigung um ein vielfaches höher bezahlen als es ein Erfolg ist. 

Solange sie die Geiseln halten und nicht kommunizieren, daß es den Geiseln gut geht und es den Geiseln auch wirklich erkennbar gut geht, gibt es keinen Grund anzunehmen, daß Verhandlungen oder ein Gefangenenaustausch auch nur irgendetwas bringen. 


Ergo, - und so brutal ist der Krieg: Ob die Geiseln nun von tollwütigen Barbaren mißhandelt und letztlich doch ermordet werden, oder ob man die Geiseln in den - zeitig - nötigen Luftschlägen riskiert ist eine höllische Abwägung.

Alternative wäre eine passive Vorgehensweise einer Belagerung, womit man sich das Recht auf klare Offensivschläge langsam selber nimmt und das Geseier der Welt um Milde an der falschen Stelle wieder losgeht. 

Das Problem der Tunnelsysteme ist ein ganz ähnliches wie damals in Vietnam. Die beste Armee ist gegen Lokalvorteil im Untergrund recht machtlos. 

Ein Häuserkampf würde mit mehr Leben bezahlt als es Geisel gibt. 

Auch das ist eine denkbar schlechte Option. 


Gaza ist ein militärisches Beispiel, wie es ausgeht, wenn eine Seite, nämlich die israelische sich naiv - pazifistisch vor einem Moloch aus Häuserschluchten an Gewaltbereitschaft mit Güte bemüht. Man kann durch eine friedliche Tugend sich durchaus in eine heillose Situation begeben und konstruiert diese damit auch noch selber. 

Und was diese ewige Leier von den Siedlern als Aggressoren angeht: 

Schlimmer als schwäbische Nachbarn oder ein alemannischer Streit um die Kehrwoche ist Siedeln auch nicht. Wenn einer selbst aggressiv Kartoffeln auf einer fremden Brache anbaut ist das höchstens Entwicklungshilfe und rechtfertigt keinen Terror. 

Wenn der bessere Bauer das Feld nimmt, nimmt es der bessere Bauer, soll sich der Bauer beschämen, der zuvor keine Frucht daraus zu ziehen vermochte. 

Der Überbegriff des "Besitzes" allein, ohne daß an diesem Besitz ein Leben hängt ist eine Ausrede für Gewalt. Ginge es um "Besitz" allein, ich selbst hätte das "Recht" eine Erbfehde anzuzetteln. 

"Das ist unser Land" ist eine saublöde Begründung. Das war mein Acker für meine Nahrung, das ist vielleicht ein Grund, aber das Gehören alleine ist eine faule Ausrede. 


Außerdem gilt das chinesische Prinzip, daß Geschäfte und Handel bessere Argumente sind als der Krieg. Wenn die Palästinenser aus ihrer Misere heraus wollen, müssen sie lernen an die Stelle der Gewalt das Geschäft zu setzen. 

Das Gleiche gilt übrigens für die ehemalige Kriegernation Deutschland - Germania, das sich bis heute auch sehr schwer damit tut, an der Stelle von Lutherscher Moral und der finalen Rüstungswirtschaft überzeugende Konsumprodukte anzubieten oder finanzielle Dienstleistungen wie etwa ehedem die Schweiz, die sich zusehens von deutscher Moralpolitik korrumpieren läßt. 

 

Exkurs: Das Pendent zu den Geiseln von Gaza ist das Massaker von Gardelegen, die Anordnung: Aussichtslosigkeit der Lage und den Stand auf Verlust ist sehr ähnlich. 


Zweifrontenkrieg mit dem Libanon: 

Die christliche Moralpresse (die immer noch von der fixen Idee getrieben wird, die Juden hätten Pilatus dazu genötigt Jesus ans Kreuz zu schlangen) wird jeden Schlag der Israelis gnadenlos wertend ausschlachten. Doch bei einer nüchternen Sicht auf die Anordnung muß Israel mit massiv blutigen Aktionen seine Defensive durchziehen, weil es bei jeder Form von Milde riskiert, nicht nur in einen Zweifrontenkrieg mit dem Libanon gezogen zu werden, sondern sich mit Milde unnötig an eigenen Verlusten aufzureiben.

Für alle Moralapostel: Alle schnellen Kommandoaktionen und erst recht die Angriffe der USA in Vietnam erfordern den Krieg in seinem grauenhaften Urbild, spätestens in moralisch - asymmetrischen Anordnungen, wenn man zwar selber die bessere Armee, aber den schlechteren Rückhalt in der Wahrnehmung der eigenen Handlungen hat. 

Kardinalfehler der Israelis Nr. 2: Das Übergewicht der Luftwaffe. 

Die Israelis bewerten die Lufthoheit viel zu hoch. Die Ereignisse der letzten Tage belegen wie falsch diese Gewichtung letztlich ausfällt. Der letzte Weltkrieg hat gezeigt, daß z,B. die Stuka eine Flankierung liefern konnte, aber in der Bodensicherung keine weitere Rolle spielte. Diese Anordnung gilt abstrakt für alle Fragen von Einflüssen auf das Terrain, was sich in Laos und Kambodscha ebenso zeigte, wie in Afghanistan. 

Die Boden - Dispositive sind viel zu dünn gesät und die Aufstellung vor Gaza geht doch recht zäh von statten. Das ist eine Schwachstelle, die nachhaltig geschlossen werden muß. 

Auch kommt hier Kardinalfehler Nr. 1 zum Tragen, daß in Israel selbst keine Anlagen vorhanden sind, wie etwa in der Schweiz, wo man im eigenen Land in der Lage wäre einen dezentral organisierten Gegen-Guerilla-Krieg zu führen, wie es die Schweizer (die Taliban der Alpen) täten. 

Die Israelis auch zivil unter Waffen zu stellen wird letztlich die einzige Möglichkeit, inskünftig die zähe Mobilmachung zu umgehen und schneller zu den nötigen Aufgeboten zu gelangen. 

Daß die USA jetzt Streitkräfte verlegen kann getrost darauf hindeuten, daß man annimmt, daß Israel unter Umständen größere Probleme bekommen könnte. Einen Flugzeugträger verlegt man dann wohl  auch als Hinweis an den Iran sich nicht weiter einzumischen.

Der Westen darf aus der Erfahrung im Ukraine - Krieg iranische Drohnen durchaus fürchten. 

Israel sollte sich, besser noch vorgestern über Konzepte einer zivilen Verteidigung Gedanken machen, damit man eine Front nicht definieren muß. Denn Gaza könnte erst der Köder gewesen sein, der eine ganz andere Gefahr aus einer anderen Richtung erwarten lassen könnte. Israel zu binden um ihm in den Rücken zu fallen, oder aus einer noch gänzlich unvermuteten Richtung zu überraschen.

Für den Westen gilt eines: Kriege führt man nicht mit dem pädagogischen Personal von Hüpfburgen. 

Es wird höchste Zeit für Neuwahlen in Deutschland. In einer hochgradig fragilen Welt mit größten Umbrüchen kann man sich eine Trampolin - Künstlerin keine Sekunde länger in einem auswärtigen Amt leisten. Da müssen im Sinne von Günter Schabowski "mit sofortiger Wirkung" andere Leute ans Ruder, denen man die geistige Leistungsfähigkeit für eine Lagebesprechung  zutrauen kann. 

Der grüne Kindergarten ist hier fehl am Platze. 


Was die Sache aber auch zeigt: 

Konventionelle Festungswerke sind zwar antik, aber trotz aller Technik nicht aus der Mode gekommen. Panzerfahrzeuge ersetzen keine Bunker, schon gar nicht Bunker in der Binnenverteidigung von Schlüsselpositionen, in denen Panzer viel zu vulnerable Ziele sind. 

Bunker an Einfahrtstraßen sind keine Garantie, aber gegen mobile Trupps auf Jeeps und leichte Infanterie ermöglichen sie eine wirkungsvolle Sperre mit einem sehr guten initialen Kampfverhältnis. Stationäre Gefechtsstände im Gelänge ermöglichen autark das Bestreichen von weiten Räumen, die das Agieren für den Gegner schwierig gestalten, zumal, wenn die Wehranlage selbst schwer einnehmbar ist und der Gegner über keine bunkerbrechende oder gar chemische Munition verfügt sind solche Steinklötze mit Bewaffnung sehr effektive Sperrwerke. 

Mit Elektronik allein beherrscht man keinen Gegner, ohne sie schon gar nicht, aber wo nötig, dort muß der Beton und der Drahtverhau den Durchbruch gegnerischer Truppen vereiteln. 

Zäune ohne Stacheldraht und komplexe Wehreinrichtungen sind mehr oder minder wertlos. 

Das sind aber letztlich Dinge, die bei prinzipiellen Stellungskriegen, wozu auch Israels Grenzkonflikte zählen, seit dem ersten Weltkrieg bekannt sind. 

Die Zivilverteidigung war ein Konzept der Schweiz, was sich hier gut zusammenfügen würde. 


Eine bewaffnete Zivilbevölkerung und eine innere Verteidigungsstruktur machen jeden Angriff für einen Gegner zu einem unkalkulierbaren Wagnis und das Terrain sehr unattraktiv für "schnelle" Aktionen von leichten Kampfverbänden. 

Die Opferzahlen, die hier zu beklagen sind und die Widerlichkeiten, die noch der Geschichte harren (Geiselnahmen außerhalb von Kriegsrecht sind ein absolutes Grauen) werden noch etlichen Gesprächsstoff für die Diskussion in der Militärgeschichte bieten. 

Warum die Menschen erst im Angesicht des Todes lernen....... ?







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