Donnerstag, 29. September 2022

Das Jüdische und das Deutsche: Die Hoheit und Macht der Reue

Sie gedenken der toten Juden und zeigen nicht die Täter, sie suchen die Namen der Opfer, nicht diejenigen der Mörder: Gedenken in Deutschland. 

Ich frage mich oft, ob die Deutschen, wenn sie die Opfer der preußischen Räson des Mordens betrachten, Reue empfinden, oder doch nicht heimlich vielmehr eine verkappte Genugtuung über das Bild des Opfers, was ja den Täter immer mit einer Macht erfüllt. 

Man zeigt ja nicht die Mörder, sonder ihre Opfer, man zeigt nicht den gewöhnlichen Deutschen, der seine jüdischen Nachbarn in den Tod denunzierte, sondern nur den Tod als Größe, als Stellvertreter des Größenselbst etwa ?

Läd man einen Juden zu sich ein, weil man ihn als Mensch mag, oder weil man ihn als Opfer an der Hand nimmt um ihm die Reue aus dem Machtwinkel heraus zu erleuchten ? 

Schaut man auf die Lager mit Abscheu, oder mit erlerntem Verhalten ?

Geht das Verständnis für das Staatliche des Mordens in die Tiefe, oder bleibt es bei einem narrativen Ausdruck von Reue ?

Wer sich die Urbedingung für den Völkermord an den Juden und Sinti und Roma ansieht, und mit dieser auseinandersetzt, wer die Frage beantworten will, warum der Mord und Tod eine deutsche Staatsoption waren, der kommt unweigerlich auf die Erziehung des deutschen Kindes zu, welche erklärt, warum der Soldat, der Totmacher für die Macht des Staates eine deutsche Allgemeinerscheinung des Tötens überhaupt war. 

Es kommt auf die Kodierung zu, was einen Soldaten ausmacht, und wie man ein Kind zu einem Soldaten erzieht. 

Und wenn man dann eine Linie zieht, zwischen der Erziehung zum Totmacher und dem Überdauern dieser Erziehung in der Gestalt von Buchauflagen, der kann sich ausrechnen, daß die forensischen Elemente, die das Morden betrieben auch nach 1945 reproduziert wurden. 


Johanna Haarer: "Die Mutter und ihr erstes Kind". 


Wer dieses Buch bei sich in den Hinterlassenschaften der Mutter findet wurde mit Inhalten zu einem Menschen gemacht, der ursprünglich als "Baureihe" bestimmt war den nationalsozialistischen Staat zu formen. 

Der Bundesbürger und seine Prägung als NS - Rohling bis in die 1980er Jahre hinein. 


Wenn das deutsche Wesen also seine Mörder der Vergangenheit ignoriert, oder ausklammert oder ihre Größenordnung verdrängt, hat das einen Grund: Die Verdrängung einer Prägung, die man in der eigenen Familie wiedererkennen müsste, vielleicht sogar an sich selber. 

Es ist grauenhaft sagen zu müssen; daß man es in einem seelischen Defizit auf einen Willi Herold brächte, auch wenn man "nur" Versicherungsvertreter ist und vollkommen unauffällig lebt (Hannah Arendt über Eichmann: "erschreckend normal"...). 

Das Böse ist tatsächlich so banal wie der Mensch von nebenan: Allein die Erziehung und die Prägung geben Aufschluß über Soziopathie und/oder Narzissmus. Ob der unauffällige Angstellte von nebenan es zu einem SS - Mörder brächte oder nicht, das ist eine Frage von Gelegenheit und Funktionserblühen. Wenn der Staat den Mörder nicht in die legitime Funktion erhebt ist der Mörder keiner und wie ein Fels, er steht bedrohlich aber stabil und tut über seine Zeit keinem etwas Böses: 

Kommt die Legitimation zur Prädestiniertheit, und findet sich für die Seelenlosigkeit ein Komplementär, so wird aus der unscheinbaren Gestalt ein kindermordendes Monstrum. 

Wie hätte sich die deutsche Wirklichkeit nach 1945 anders ertragen können, - und wichtiger; wie hätte sich überhaupt dieses Land begründen sollen, hätte es sich nicht  - auf die andere Weise kontinuierlich auf seinem Wesen gehalten ?


"Wir gedenken der toten Juden und sehen ihren Tod als unsere Macht, wir beweinen unsere Tat an der wir mächtig wurden, wir verdrängen die Macht nur und haben sie ohnmächtig im Bild vor Augen, welches wir zur Reue tragen". 


Zeigt ein Jude an einer Gedenkstätte dem Deutschen die Tat, oder nimmt der Deutsche den Juden überväterlich an der Hand und zeigt ihm die Macht der Reue ? 

Diese Rollenverteilung unterliegt eine sehr unscharfen Verschiebbarkeit. Der forensische Machtaspirant wird sicherlich verstehen, da in ihm die Räson des Staates einerzogen wurde, die Macht der Situation zum Vorteil des Staates zu "gestalten" und aus der Einsicht wird "der Staatsakt". 

Das staatliche Gedenken an die toten des Völkermordes ist eine kodierte Form staatlicher Macht über die Opfer, diese sind damit nur ein Teil eines übergeordneten Machtausdrucks, der sich speist aus dem originären Machtanspruch. 


>>Wenn Hitler die "Juden als Staat im Staate" bezeichnete war das eine, als unerlaubt und zu vernichtende Konkurrenz verstanden Anordnung, die Preußen in sich außer seiner Räson nicht duldete und "rein" eine einzige und monopolistische Räson aus sich - und nur sich - sein wollte. <<

Das Gedenken ist eine Art Macht über das eigene Handwerk des Todes. Es ist die letzte Usurpation in der Reue jene moralische Größe zu bekommen, die man - eigentlich - mit der Tat an und für sich selbst hätte erklimmen wollen


Man erreicht das Ziel der Macht - über  - den Toten auf anderem Wege mit einer anderen, - auch gegen sich selbst gerichteten Suggestion. 

Einsicht und die Gefolgschaft hinter einer angeordneten Einsicht aus dem Umstand einer Kapitulation heraus, das sind zweierlei Dinge. Wenn man sich fragt, was ohne die Kapitulation für eine Einsicht wäre, dann kommt man auf eine wahre Antwort. 


Bereut eine Mutter in Deutschland öffentlich, ihr Kind mit der Erziehung kalt gemacht zu haben, aus ihm den Menschen ausgetrieben zu haben, die Fabrik des Staatsbürgers gewesen zu sein , - mit der trauernden und verzweifelten Einsicht, daß solches nie wieder sein darf  ?

Geht ein Deutscher gegen die eigene Familie an in der Einsicht über die tieferen, frühkindlichen Ursachen forensischer Gefühlskälte ?


Der Kern des NS - Staates und des preußischen Militarismus ist die Familie. 


Diese ist der Garant für die Reproduktion des Staates: Den Umstand aus dem Staatlichen zu bejammern ist eine - operative Möglichkeit - mit einer Niederlage umzugehen: 

Die Familie als Garant für das Fortbestehen des Soldatenstaates Preußen wird NIEMALS angegangen, sondern mit der Reue tätig geschützt. 

Und deshalb sind die Toten wichtiger als die Offenbarung über den Umstand der forensischen Täter, denn diese sind das Inventar ganz gewöhnlicher - auf Haarer - Format zugeschnittener deutscher Familien mit deren eigener Räson als Quasi - Staat im Kleinen. Jaule draußen und sei innen Du selbst: Deutschlands inneres Programm als Ewigkeitsgarantie. 


Preußen und nenne man es das Europa unter deutscher Vorherrschaft kennt nur ein Ziel: 

Macht um jeden Preis und in jeder Gestalt und in jeder List und Tücke: Alles dient dem Staat und seinem Anspruch auf eine, in einem Narrativ der Anmaßung erzählte, so beanspruchte Gott-gleiche Moral als Mittel der Herrschaft... "über alles in der Welt": Zu richten die Toten und zu belehren die Lebenden.

Alles ist ein Anspruch von Macht und Räson, nichts ist Aufrichtigkeit und nichts ist ein authentisches Gefühl: Alles ist Staat, nichts ist Seele, ... alles ist ein Dienen, nichts von alledem ist ein Leben. 

Der Drang zu dieser Macht ist nicht abschließend, er ist eine Konvention des Alltags, es ist das Programm, was in Kindern bleibt, wenn sie nie Liebe erfahren, sie kennen die Angenommenheit nicht, sondern nur das, was ihre Mütter auf ihnen ausübten: GEWALT und MACHT als Folge und Wirkung von Gewalt. 

Wer immer auf die Tradition der Familie abhebt, der hebt auch auf der Kontinuität der Tradition von Macht und Gewalt als ihre Bedingung ab. Das ist das Wesen des Staates in seinem Ursprung. 

Wer aus der psychologischen Falle hinaus will, der muß alles verwerfen, dem der Anschein von Macht anhaftet und sich authentisch begründen, ohne den dynastischen Zusammenhang. 


Keine Tradition ist heiliger als die Erkenntnis und Einsicht über ihren Umstand. 



 















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