Dienstag, 23. Juli 2024

Die Täter in der Geborgenheit des Kollektivs.

 Der erste juristische Reflex liegt darin, einem Rädelsführer die Schuld für die Dummheit der Vielen zuzuschreiben. 


Dieser Reflex ist jedoch falsch: 

Ein Diktator ist nie grausamer als die Exekutive in der Gestalt der Mitläufer und Willfährigen und eifernden Lakaien. 

Wenn man aber juristische Fragen stellt, so ist der Täter der Ausführende, nicht derjenige, der die Tat nur abstrakt an einem Parteitag beschwört: 

In Gardelegen war entscheidend WER die Tat verübte, einen Zusammenhang zu der Führung kann es im Zerfall des Reiches nicht gegeben haben, damit fällt die Schuld allein den Akteuren zu. 


Die Politiker tragen nicht mehr Schuld als das Flittchen, das letztlich die Nadel setzte. 


Man steht, in der Fallkonstellation abstrakt vor dem gleichen Problem wie 1945 oder 1990: Die Führung kann nur symbolisch belangt werden, aber juristisch wäre die Masse der Akteure des Totalen zu verurteilen, was praktisch nicht machbar ist, weil man sonst eine ganze Gesellschaft auflösen müsste. 


Hätte man 1945 konsequent jede Partei - Krankenschwester und jeden T4 - Hengst im Stand des Arztes nach seinen Taten bestraft, Deutschland hätte 1954 keine Krankenhäuser mehr unterhalten können. 

Hätte man jeden IM der Staatssicherheit nach seiner Tat bestraft, Ostdeutschland könnte eine Kleinstadt als Pferch für diese kleinbürgerlichen Sadisten unterhalten. 

Die Masse der Gewissenlosen hat leider die Eigenschaft sich der Gerechtigkeit zu entziehen. Und selbst ein Feuersturm hat, wie Corona gezeigt hat nur eine relativ geringe pädagogische Wirkung auf eine Gesellschaft. Als die pädagogisch feuerbehandelten Zeitzeugen in den 1990ern langsam aus dem Berufsleben ausschieden und als Einfluß auf die Gesellschaft zu entfallen begannen, ging das Großkotzen auf Deutsch langsam wieder los. 

Der Eindruck entschwand und die alten Muster schafften sich aus dem "seelischen Untergrund" (Tilmann Moser). 

Oder: Die Derivate des Nazi - Reichs waren so schnell in der Wirkung wie die Besatzung enthoben wurde. 

... die Enkel und Urenkel als Eiferer der besiegten und damit innerfamiliär so empfunden: geschmähten Groß - und Urgroßeltern. 

Die Familienehre und die Räson aus dieser als Antrieb einer Wiederholung der Sozialisation. 


Das ist das juristische Problem an Großverbrechen in staatlichem Format: Man kann die Täter nicht belangen, wenn sie eine Mehrheit, die über das Maß des prozessual Erfassbaren hinausgeht in ganzen  Massengrößen ausbilden.

Man hätte, allein vom Täter, also dem Ausführenden in Person her gesehen 1945 gut und gerne die halbe deutsche Akademie exekutieren können um die Täterschaft analog ihrer Führung zu belangen: Schlicht die Menge der Täter machte es unmöglich auch nur einen Hauch von "Gerechtigkeit" zu verwirklichen. 

Also mußte es bei symbolischen Prozessen bleiben. 


Das ist das juristische Problem bei kollektiv - aber von Individuen in diesem Massenbegriff begangenen Taten: Man kommt an diese Tatkomplexe nicht heran, weil sie das Maß des Prozessierbaren übersteigen.

Man kann heuer ja nicht jede nymphomanische Arzthelferin für den "Piks" belangen, der in einer zahlenmäßigen Wahrscheinlichkeit einen Herztoten verursachte. 

Gemessen am Fall Högel müsste man sie einsperren, nur dann wäre am folgenden Tage die Gesellschaft nicht mehr "medizinisch versorgt", und eine Kleinstaat wäre ein Untersuchungsgefängnis. 

Das geht hier um eine tatsächlich juristische Unmöglichkeit aufgrund der Größenverhältnisse der wahllosen Täterschaften, die sich in den kollektiven Strukturen verbergen und diese kollektive Struktur auch für --- die Ökonomie der Tat --- an und für sich nutzen. 

Gesetzt den Fall, ich wäre Richter und jemand würde mich fragen, wie ich "Gerechtigkeit" erwirken könnte, ich hatte bei kollektiven Tatumständen keine brauchbare Antwort. 

Und eigentlich ist es nicht gerecht eine psychopathische Führung zu verhandeln, nur weil sie das Sprachrohr einer normopathischen Bevölkerung war.

Man zerschlägt den Spiegel der vielen Irren und Psychopathen, die sich im Alltag der Banalität verstecken. 


Also: Was kommt "ans Tageslicht" ? Nichts !, Nichts, was nicht bekannt war oder ohne Mühen hatte bekannt sein können. 

Letztlich sind diese "Enthüllungen" für die Wirklichkeit bedeutungslos. Denn welche Bedeutung hat die Lehre aus der Geschichte, sie hielt nicht einmal bis 100 Jahre nach der großen Erkenntnis über das Wesen des kollektiven Bewußtseins. 


30 Jahre nach der DDR ließ man ein Gewächs ihrer Sozialisation wirken, welche Lehren zieht also der Mensch aus kollektiven Verirrungen ? 


All diese Pol Pots, diese Stalins, Hitlers, die ganze Mühe nach 1945 die belehrte Menschheit gespielt zu haben, hat sich aufgelöst. 

Das Volk ist so banal böse, wie zu jeder ersten Stunde einer Diktatur, das Substrat ändert sich nicht, ganz gleich welche narrative Staatsform man dem Potential des kollektiv Bösen auch verpasst, es ist eine Konstante, das kollektiv Böse. 

Man kann die Rädelsführer als Vogelscheuche aburteilen, zur Abschreckung kann den einen oder anderen als Sündenbock für die Verkommenheit der Masse aufknüpfen: Am grundlegend kriminellen Potential des Staatsvolkes ändert man damit nichts. 

Epilog: 

Wenn man Jura nicht nur studiert, sondern das Fach etwas tiefer denn für einen einträglichen Posten durchdringt, ist dies der Anlaß es nicht zu studieren. 

Wer in diesem Fach zum Wesen der Sache habilitiert leidet hernach an Depressionen oder man lügt sich andernfalls über das Fach mit Wortgewalt und Zierde hinweg. Die letztere Sorte bildet die Dozenten aus und so wird das Fach als Lüge für die vielen erträglich, die es dem Worte nach mit ihm halten, nicht dem Wesen nach.


... Auch die Erkenntnis ist eine Befreiung aus einem Sklavenhaus.... danach beginnt das Wandern in der Wüste. 


 




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